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Eine abstrakte Inszenierung

Im Titania durfte ich beim Proben des Stückes „Schiffbruch vor Lampedusa“ sein. Der Schauspieler Moritz Buch ist der Einzige, der auf die Bühne tritt. Er berichtet die Erlebnisse der Retter und Helfer aus dem Theaterstück „Schiffsbruch vor Lampedusa“. Teil des Bühnenbilds ist ein Schreibtisch mit einem Laptop. Ein Stück neben dem Schreibtisch ist eine Kaffeemaschine, in der der Schauspieler sich während einer seiner Monologe Kaffee macht. An der Wand des Bühnenbilds wird projiziert, was die Laptop-Kamera aufnimmt. Der Schauspieler spricht zum Publikum über einen Video-Call. Die „Reportage“ des Geschehens und die Erzählung aus dem eigenen Leben des Autors wird facettenreich übertragen. Mal ist er nachdenklich, erschrocken, entsetzt, amüsiert, trist, mal gestikuliert er ausdrucksvoll, in manchen Momenten sitzt er still vor sich hin.
Der Regisseur Reinhard Hinzpeter kommentiert zwischendurch, wie bestimmte Worte ausgedrückt werden sollten, oder in welchen Momenten er seine Blickrichtung ändert. Die Regie-Assistentin Anka schreibt mit.
Später wird mir gesagt, was der Hintergedanke der Inszenierung ist.
Der Roman erschien 2019, welches dann als ein Theaterstück umschrieben wurde. Die Kommentare des Autors haben bestimmte Vorgaben: Aufnahmen der Flüchtlinge sollen nicht gezeigt und auch keine Schiffsbruchszenen inszeniert werden, sondern evoziert. Damit sollen Instrumentalisierungen der Flüchtlinge für eigene Agenden vermieden werden. Den Weg der Abstraktion, den sie hier wählen, ist über einem Screen. Obwohl der Screen so groß ist, entsteht noch eine Distanz zum Publikum. Obwohl wir tagtäglich die Bilder des Fluchtgeschehens in Europa zu sehen bekommen, wird es durch die Bildschirme verschleiert.
Es war super interessant zu sehen, wie viele Gedanken sie sich zu den Nuancen eines einzigen Satzes, eines Wortes, oder auch eines Blickes machen, um ein Monolog zu formen. Dabei hatte ich natürlich auch Spaß, das Schauspielern zu fotografieren.
Das Proben geht im September weiter. Ich habe schon ein anderes Stück gesehen, nämlich „die Unvollendete“. Hier sind die Schauspieler teilweise auf die Tribüne gegangen, um revolutionäre Flugblätter an das Publikum zu verteilen, oder um eine politische Rede zu halten, und haben das Publikum auch zwischen zwei Regierungsformen wählen lassen. Wer sich also für zeitgenössisches Theater mit interessanten Inszenierungen interessiert, kann ich das Titania nur empfehlen.

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